Entstehungsgeschichte Stand
Dezember 2000
Zu Beginn schien es unmöglich, ein solches Projekt
von Grund auf und in der Freizeit durchzuführen. Mit der Zeit nahm unser
Vorhaben immer mehr Form an.
Heute können wir sagen, dem Abschluss des SmartBalls Project sehr nahe
zu sein. Die Bälle der zweiten Serie funktionieren wunderbar. Zur Zeit
sind wir mit der Fertigstellung der PlugInStation beschäftigt.
Hier eine chronologische Abfolge der Entstehung
der SmartBalls von Butterfly:
August 1995, EJC Göteborg (S)
An der Europäischen Jonglierconvention (EJC) in
Göteborg waren wir an einer Openstage hell begeistert von einer Globall
Show mit leuchtenden Bällen im Dunkeln. Später am Abend haben wir untereinander
diskutiert, ob es wohl möglich wäre, leuchtende Bälle herzustellen, die
die Farbe nach einem programmierbaren Muster wechseln können. Wir stellten
uns vor wie viele zusätzliche Effekte sich so erzielen lassen würden,
speziell wenn man das Programm auf eine Musik abstimmen könnte. Da wir
als Jongliergruppe Butterfly schon einige Auftritte
gehabt hatten, malten wir uns aus wie schön eine synchrone Darbietung
zu dritt wäre.
Gleich als wir wieder in der Schweiz waren, begannen wir uns intensiv
mit der Machbarkeit solcher Bälle auseinanderzusetzen. Natürlich stiessen
wir sofort auf viele Probleme. Es begann damit, ein geeignetes Material
zu finden, aus dem die Bälle gefertigt werden könnten. Es musste genug
lichtdurchlässig sein, es musste die richtige Härte haben und wir mussten
es ohne grosse Einrichtungen verarbeiten können. Wir stiessen dann auf
Silikonkautschuk, von dem es aber unendlich viele verschiedene Varianten
gibt.
Das nächste Problem war eine geeignete Form zu finden. Wir fingen mit
selbst gebastelten Gipsformen an. Das hatte aber viele Nachteile, wie
z.B. eine rauhe Oberfläche. Heute haben wir die Möglichkeit, die kompliziertesten
Formen aus einem speziellen Kunststoff mit der CNC Maschine zu fräsen.
Auf der Suche nach einer programmierbaren Steuerung für unsere Bälle stiessen
wir auf sogenannte Basic Briefmarken (eine Schaltung mit einem PIC16C54
Prozessor und einem EEPROM die sich mit 'Basic' programmieren lässt).
Wir befassten uns eine ganze Weile lang mit diesem Baustein.
Weiter galt es, genügend helle Leuchtdioden in diversen Farben aufzutreiben,
was sich zu dieser Zeit als echtes Problem herausstellte, da wir nur über
ein kleines Budget verfügten. Was die Finanzierung betraf, brauchten wir
das Geld, das wir auf unserem Jonglierkonto aus diversen Auftritten als
Jongliergruppe Butterfly angelegt hatten.
Einige Monate später kamen wir zur Überzeugung, dass wir dieses Projekt
nicht durchführen können, hauptsächlich wegen einer zu schwachen Ausleuchtung
der Bälle.
August 1996, EJC Grenoble
(F)
Dieses Jahr fand die Zusammenkunft der Jongleure in Grenoble statt. Und
wieder liessen wir uns bei einer Leuchtball Nummer hinreissen (dieses
Jahr sogar mit Bällen unterschiedlicher Farbe).
Zu Hause angekommen begannen wir, unser aufgegebenes Projekt wieder neu
zu beleben. Wir scheiterten jedoch einmal mehr.
August 1997, EJC Turin (I)
Wir nahmen uns vor die Globalls von Aerotech
(Leuchtbälle die von der Firma Aerotech bereits auf dem Markt sind aber
unprogrammierbar und jeweils nur mit einer Farbe leuchtend) etwas genauer
unter die Lupe zu nehmen. Wir fanden heraus, dass Aerotech den Ball aus
Polyurethan herstellt. Polyurethan würde sich für unser Projekt sicher
besser eignen als Silikon, aber wir hatten nicht die Einrichtung um es
zu verarbeiten. Deshalb suchten wir weiter nach realisierbaren Lösungen
und blieben bei Silikon für die äussere Schicht und beschlossen, unseren
Bällen einen ganz harten Kern zu geben.
oben: aufgeschnittene äussere Hülle, unten: Kern mit Elektronik
und ganzer Ball
Das Problem mit den Leuchtdioden hatte sich in der Zwischenzeit auch erledigt,
bis auf grüne Dioden, die noch zu teuer waren.
Die Basic Briefmarke zur Steuerung ersetzten wir durch eine selbst entworfene
Schaltung. Ein PIC16C58 Prozessor zur Steuerung und ein 93LC86 EEPROM
als Speicher.
Dieses Jahr wurde unterbrochen durch die obligatorische Rekrutenschule
und Auslandaufenthalte.
August 1998,
EJC Edinburgh (GB)
Hier wussten wir schon, dass es möglich sein würde, solche Bälle zu fertigen.
Wir brauchten aber noch mehr Zeit.
Weiter begannen wir, Sensoren zu entwerfen die das Aufprallen des Balls
in der Hand detektieren können. Damit lassen sich viele neue
tolle Effekte erzielen. Zum Beispiel eine fünf
Ball Kaskade, bei der die Bälle oben rot leuchten und unten grün.
Dazwischen blenden sie von einer zur anderen Farbe über. Es galt, alles
auf die Funktionalität hin zu prüfen, herauszufinden und zu optimieren.
Hier einige Beispiele: Wir gossen Aussenhüllen der Bälle aus Silikon in
diversen Varianten, entwarfen Schaltungen, testeten, löteten, zeichneten,
ätzten, programmierten, ... Wir nahmen uns fest vor, an der nächsten EJC
unsere Bälle vorstellen zu können.
August 1999,
EJC Grenoble (F)
In einer sehr intensiven Woche gleich vor dem Festival fertigten wir unsere
erste Serie der Bälle an. Die letzten drei Tage vorher reichte es nicht
einmal mehr für richtigen Schlaf, naja... Auch wollten wir die Sonnenfinsternis
in Deutschland nicht verpassen.
Unsere erste SmartBall Version bestand aus fünf Bällen, einer einfachen
PlugInStation und Software zum Compilieren und Herunterladen der Programme.
Die Bälle waren allesamt noch mit individuellen Kinderkrankheiten behaftet.
Der eine hatte Flecken auf der Hülle, der nächste konnte noch nicht alle
Jonglierbefehle ausführen usw. Die PlugInStation bestand aus einem Brett
mit fünf Steckplätzen, einem Prozessor, zwei Leuchtdioden zur Statusanzeige
und einer Tastatur über die sich ausgewählte Programme starten liessen.
erste PlugInStation und 3 Bälle der 1. Version
Die Software mussten wir auf einem Urmodell eines
Laptops laufen lassen. Noch mit s/w LCD und einer sagenhaften Taktrate
von 25MHz. Das Gute war, dass wir ihn direkt an der Autobatterie laufen
lassen konnten.
Wir beschlossen dann auch, unsere Bälle nur in kleinem Rahmen vorzustellen.
Die Reaktionen waren allesamt positiv. Niemand wollte uns so recht glauben,
dass wir das alles selbst entworfen und hergestellt hatten.
In diesem Sommer brachten die Leute von Aerotech ihre 'programmierbaren'
Bälle auf den Markt. Diese haben jeweils zwei Farben eingebaut und lassen
sich durch Klopfsequenzen auf den Ball 'programmieren'. Wir führten ihnen
unsere Bälle vor und hatten lange Diskussionen über eine eventuelle Zusammenarbeit,
da Aerotech auch im Sinn hat, Jonglierrequisiten herzustellen, die sich
über den PC programmieren lassen. Wir konnten dann jedoch keine vernünftige
Art der Kooperation finden. Wir haben auch immer an unseren Bällen gearbeitet,
um für uns selber einmal solche Bälle zu haben und nicht, um sie zu verkaufen.
Die Faszination, selbst etwas Hochkomplexes zu entwerfen, motivierte uns
und nicht der Gedanke, in den Markt einzusteigen (der für Jonglierrequisiten
so oder so extrem klein ist).
In dieser Woche hatten wir viel Zeit einfach etwas mit den Bällen zu spielen
und neue Muster zu programmieren. Wir stiessen so auch auf diverse Fehler
und Verbesserungsmöglichkeiten. Zu einer solchen Kinderkrankheit gehörte
der Stecker. Wir verwendeten bis dahin dreipolige Stereo Stecker,. was
sich aber überhaupt nicht bewährte. Schon nach kurzer Zeit hatten wir
mit Wackelkontakten zu kämpfen, die sich nicht mehr reparieren liessen.
Heute habe wir selbst gegossene Stecker, bei denen die Buchse im Ball
unzerstörbar ist. Weiter machten uns statische Entladungen Bauchweh. Mit
trockenen Händen konnte es passieren, dass die Bälle einfach mitten in
der Jonglage stoppten d.h. sie hörten auf zu leuchten. Diesen Fehler in
der Schaltung haben wir mittlerweile auch korrigiert.
In dem Jahr zum nächsten Festival bauten wir an der Version 2. Wir korrigierten
alle Bugs, feilten an der SmartBall Programmiersprache herum, usw. Diese
besteht in der heutigen Version aus knapp 50 Befehlen. Damit lassen sich
beliebig komplexe Muster programmieren. Für eine synchronisierte Nummer
zur Musik werden jedoch hauptsächlich die 'set colour' und 'fading' Befehle
gebraucht.
August 2000, EJC Karlsruhe (D)
Kurz vor dem Festival entschieden wir uns, unsere Bälle zu Hause zu lassen.
Wir sahen, dass es uns nicht mehr reichen würde, eine Nummer auf die Beine
zu stellen. Wir denken, dass eine halbfertige Show es nicht wert ist,
vorgeführt zu werden. Lieber nehmen wir uns ein Jahr mehr Zeit, mit dem
Risiko, nicht mehr die ersten mit solchen Bällen zu sein.
Von der zweiten Serie haben wir fünf ganz fertige Bälle mit denen wir
äusserst zufrieden sind. Sie funktionieren einwandfrei. Weiter haben wir
ca. zehn Bälle vorgefertigt, wir müssen sie nur noch in Silikon eingiessen.
Zuerst wollen wir aber unsere PlugInStation fertig stellen. Ein Grossteil
ist auch schon gemacht, der Prozessor darin ist noch nicht ganz fertig
programmiert. Auch die Software auf dem PC muss noch weiter angepasst
und ausgefeilt werden.
Fortsetzung folgt ...
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